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Spätestens wenn sich die Absagen der Spieleverlage zu den eingesandten Spielvorschlägen häufen, beginnt der Spieleautor von der Veröffentlichung im eigenen Verlag zu träumen. Machbar ist das natürlich auch, aber es gibt einiges zu bedenken, was man vielleicht vorher so gar nicht auf dem Plan hat, u.a.:

  • die Kosten eines Graphikers
  • die rechtlichen Grundlagen (CE Zeichen, Spielzeugverordnung, Grüner Punkt)
  • die organisatorischen Veraussetzung (Gewerbe, Steuerfragen, EAN-Codes)
  • die Finanzierung (erst zahlen, dann verkaufen)
  • den Vertrieb (Händlerkonditionen, Messepreise, Marketingaufwand)

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Möge Ihnen das erspart bleiben... Im folgenden ein paar interessante Hintergründe und Grundüberlegungen, die Ihnen helfen sollen, Pauls Alptraum für Sie zu verhindern.

Powered by Mücke Spiele: Hier finden Sie eine ausführliche Aufstellung zu den Möglichkeiten, wie wir Ihnen bei der Entwicklung, Umsetzung und Vermarktung Ihres Spieles helfen können.


Wie ensteht ein Spiel ?

Hier finden Sie eine kurze Erläuterung der Agentur Projekt Spiel, wie es überhaupt zu einem Spiel kommt: Wie entsteht ein Spiel?

Weiteres auch im Leitfaden für Spieleerfinder.

Finanzen

Spiele werden von den Endkunden meist als teuer eingestuft. Im Vergleich mit einmaligen Veranstaltungen wie z.B. einem Kinobesuch ist ein Spiel jedoch sehr günstig, weil wiederholt nutzbar. Ein Problem mag sein, dass nicht jeder Teilnehmer an einem Spiel für sich bezahlt, sondern in der Regel eine Person ein Spiel alleine kauft und die Mitspieler das Spiel kostenlos nutzen.

Jedoch viel interessanter ist, dass der Wert eines Spieles oft am Material festgemacht wird. Oft ist die Verwendung von vielen Holzmaterial eine Begründung für einen hohen Preis. Die Qualität des Spielspaßes fließt in diese Beurteilung kaum ein. In gleichem Maße wird die Größe der Spielschachtel mit dem Wert in Verbindung gebracht.

Der Endverkaufspreis ergibt sich vorwiegend aus den Produktionskosten. Die materielle Ausstattung wirkt sich also direkt aus, über die Wahl der Schachtelgröße lässt sich die Gewinnspanne variieren. Besondere Marketingmaßnahmen sind zu berücksichtigen. Folgend eine grobe Modellrechnung zu einem fiktiven Spiel, welches im Laden für 19,99 € verkauft wird:


Es erhalten von 19,99 EUR, die der Kunde bezahlt:
Wer Wieviel verbleibt
19,99 EUR
Der Staat (19% Mehrwertsteuer) 3,19 EUR 16,80 EUR
Der Händler (bei einem Handelsnettopreis von 8 €) 8,80 EUR 8,00 EUR
Der Autor (bei einem Lizenzsatz von 6% vom Handelsnettopreis) 0,48 EUR 7,52 EUR
Der Produzent 3,76 EUR 3,76 EUR
Der Verlag 3,76 EUR 0,00 EUR

Hier wird offensichtlich, warum schon kleine Ausstattungsverbesserung sofort Einfluss auf den Endverkaufspreis haben (als Faustregel wird der Faktor 7 genannt).

Die auf den ersten Blick hohe Handelsspanne findet ihre Rechtfertigung in der vergleichsweise niedrigen Umschlagshäufigkeit. Hinzu kommt, dass man Spiele nicht unbedingt braucht und in knappen Zeiten gerne an einem solchen Konsumgut gespart wird. Außerdem setzen sich die meisten Spiele NICHT durch. Der Händler kriegt solche schlecht laufenden Spiele dann nur mit hohen Abschlägen, oft unter Einkaufspreisen, los.

Im folgenden noch eine Aufstellung der zu berücksichtigenden Kosten:

  • Autor

Üblicherweise werden Autoren mit einem Prozentsatz am Verkauf des Spiels beteiligt. Dieser liegt meist bei 4-7%. Basis der Berechnung ist aber nicht der Handelspreis, sondern der Abgabepreis des Verlags an dessen Distributor. Gehen wir davon aus, es handelt sich um ein Spiel, das im Handel etwa 40 EUR kostet, dann hat der Autor davon vermutlich etwa 40-70 cent.

  • Grafiker

Grafiken sind ein ganz spezieller Fall, denn neben der initialen Kosten der Grafiken, können auch hier Lizenzgebühren für die Verwendung der Bilder bei nachfolgenden Auflagen dazu kommen. Üblicherweise wird ein Spiel nur in einer einzigen Auflage produziert. Deswegen lasse ich die Lizenzgebühren für Folgeauflagen einmal außen vor, denn diese Fälle sind sehr verworren und unterscheiden sich sehr stark von Spiel zu Spiel. Eine durchschnittliches, gezeichnetes Bild, z.B. für eine einzige Spielkarte (wie z.B. auf einer Magic-Karte) kostet schnell zwischen 200 und 500 EUR. Bekannte Grafiker, wie Franz Vohwinkel sind dabei deutlich teurer, als weniger berühmte. Der Preis ist aber durchaus realistisch. Ein gutes Bild benötigt 1-3 Tage Arbeit und die will bezahlt werden. Üblicherweise werden die einzelnen Komponenten nicht einzeln abgerechnet. Üblich ist es, Komplettpakete zu vereinbaren. Und da viele Komponenten ja einfacher zu gestalten sind (Token, Zählleisten etc.) und meistens nicht alle Spielkarten unterscheidliche Grafiken haben oder bewusst einfach gestaltet werden, um Arbeit zu sparen, kann man auch nicht einfach milchmädchenhaft die Anzahl der enthaltenen Karten mit 300 multiplizieren. Es vermittelt aber einen Eindruck der tatsächlichen Kosten. Ein durchschnittliches Familienspiel bringt es so im Schnitt auf etwa 3000-6000 EUR Grafikkosten.

Das kosten Holzkomponenten: Gesetz dem Fall, dass man auf eine bestehende Holzkomponente zurückgreifen kann (Standard Holzpöppel, Counter, Zylinder....), sind diese sehr einfach zu kalkulieren. Meist bewegt sich der Preis pro Stück unter 10 cent. Das ist erfreulich, wenn man sehr kleine Auflagen kalkuliert, hat aber einen enormen Effekt auf den Endpreis des Spiels, wenn die Auflage sehr groß ist. Denn egal, wieviele Standardholzteile man bestellt, der Preis ändert sich nicht. Es gibt keinen Kostendegressionseffekt.

So kalkuliert man Miniaturen: Der Herstellungsprozess von Miniaturen ist vergleichsweise aufwendig. Gehen wir von der günstigsten Variante aus und fertigen sie in großer Menge in China, um eine ungefähre Preisvorstellung zu bekommen. Zunächst müssen die Figuren gestaltet werden. Dazu wird ein Entwurf eines Grafikers benötigt (ca. 300 EUR siehe oben). Ein 3D-Künstler setzt diese dann in ein Polygonmodell am Computer um oder modelliert sie traditionell aus Resin. Das kostet auch etwa 300 EUR. Üblicherweise wird nun ein Protoyp hergestellt (inzwischen kann man die 3D-drucken) und das Modell ggf. korrigiert (ca. 20EUR). nun kommt der Werkzeugmacher ins Spiel. Das Modell wird analysiert auf seine Gießbarkeit und ggf. umgearbeitet. Ein Spritzgusswerkzeug wird dafür hersgestellt. Je nach Größe der Miniaturen passt eine unterschiedliche Anzahl in ein Spritzgusswerkzeug. Es gibt verschiedene Grundgrößen für solche Werkzeuge. Desto größer sie sind, desto teurer werden sie. Ein einziges Werkzeug kostet, wenn es billig ist, mindestens 3500 EUR, jede einzelne Miniaturenform darin nochmal etwa 200 EUR. Ein Werkzeug mit 4 Minis also ca. 4000 EUR. Wenn die Miniaturen dann gegossen werden sollen, kommen noch die Einrichtungsgebühren der Maschinen hinzu, die bei etwa 200 EUR je Miniatur liegen. Nacharbeiten an den gegossenen Minis lasse ich hier aussen vor, das ist zu speziell. Die eigentlichen Materialkosten fürs Plastik sind im einstelligen centbereich je Miniatur und geringer als die von Holzteilen. Aufgrund der hohen Fixkosten sind Miniaturen für kleine Auflagen nur sehr schwer zu finanzieren. Je höher die Stückzahlen sind, desto geringer wirkt sich dieser Faktor je einzelnem Spiel aber aus. Deswegen greifen Hersteller mit großen Auflagen gern auf Plastikmaterialien zurück.

Spezialwürfel Würfel sind ganz spezielle Miniaturen. Wird ein Spezialwürfel aus Kusntstoff benötigt, dann funktioniert das prinzipiell wie bei Miniaturen. Aufgrund des verwendeten, besonders harten Materials, wird aber ein Werkzeug für Hochdruck-Spritzgussverfahren benötigt. Diese kosten 10.000 EUR aufwärts. Billige Produktionen verwenden daher weiches Plastik, wie für Miniaturen und fühlen sich daher auch irgendwie anders an. Bei 6seitern empfiehlt es sich daher bei kleinen Auflagen auf Holzwürfel auszuweichen. Diese sind zwar einzeln viel teurer, Die Fixkosten der Produktion aber mit etwa 1000 EUR Werkzeugkosten viel geringer.

Papiermaterialien: Hier konkrete Zahlen zu nennen ist eigentlich unmöglich, da sich hierbei jedes Spiel von jedem anderen unterscheidet. Drucke sind, abgesehen von den Einrichtungskosten inzwischen recht günstig geworden. Dazu reicht ein Blick in eine beliebige Onlinedruckerei. Die Kostentreiber sind daher auch nicht die Druckkosten, sondern die Kosten, um die Drucke auf Pappe zu kaschieren, Stanzwerkzeuge zu bauen (ca. 1000 EUR/Stück), Karten zu sortieren usw.. Hier fallen sehr hohe Fixkosten an (Stanzwerkzeuge, Rüstkosten von Druckerei-, Stanz- und Sortiermaschinen), die Druckmaterialien gerade für kleine Spielauflagen sehr teuer machen.

Logistikkosten: Der Part wird gern vergessen. Die Materialien werden naturgemäß nicht alle in einer einzigen Fabrik hergestellt sondern kommen teilweise aus allen Ecken der Welt. Damit ein Spiel draus wird, muss alles an einen Ort gelangen. Das kostet Geld und manchmal auch Zoll. Die Spiele werden dann üblicherweise von Hand zusammengestellt. Jeder der Packer am Kommissionierband möchte bezahlt werden. Ein Handgriff kostet ein paar cent, egal, ob der für einen Spielplan oder einen einzelnen Würfel ist. Lagerkosten kommen auch dazu. Normalerweise ist ein Spiel nicht gleich nach der Produktion ausverkauft und lagert daher erstmal in einem Lagerhaus. Dafür fallen je nach Konstellation Mieten oder Gebühren an. Natürlich kostet es auch Geld, die Spiele zu ihren Abnehmern zu schicken.

Lizenzkosten: Sofern auf eine bekannte Lizenz zurückgegriffen wird, macht deren Eigentümer üblicherweise gehörig die Hand auf.


Und jetzt zu den Kosten, die bei Milchmädchenrechnungen fast immer total ignoriert werden:

Die Kosten des Verlags: In einem kleinen Spielverlag arbeitet man durchschnittlich ein viertel Jahr an einem Spiel (absolut sogar noch viel länger, aber wenn man die Zeit mal zusammenrechnet, die aktiv für ein Spiel investiert wird), bis es veröffentlicht wird. Die meiste Arbeitszeit wird mit Tests und Optimierungen verbracht und der Organisation der einzelnen Produktions- und Vertriebsschritte und der Koordination von Testgruppen usw.. Kleine Verlage machen das mit 1 oder 2 Leuten, rechnet man nur die HALBE Zeit an, dann sind das schon Personalkosten von etwa 5000 EUR. Das ist der Grund, warum die meisten Redakteure auch noch einen anderen Job haben. Das geht nur mit viel Enthusiasmus oder mit großen Verkaufsauflagen hauptberuflich.

Reisekosten: Engagierte Redakteure und Autoren verbringen gefühlt das halbe Jahr auf der Landstrasse und in Hotels, weil sie von einem Termin zum nächsten eilen um, entweder neue Spiele zu testen oder ihre aktuellen Prototypen vorzustellen oder Neuheiten zu promoten. X000 EUR.

Marketing: Ein Spiel kann noch so gut sein, es verkauft sich nicht ohne Marketing. Und auch wenn es einem manchmal so vorkommt, das Spiele aus dem nichts erfolgreich werden, plötzlich da sind, Geheimtipps werden usw., das ist harte Arbeit und teuer noch dazu. Rechnet mit 3-10% des kalkulierten Umsatzes.

Rechtliches

  • CE-Zeichen: Das MUSS auf allen in Europa in Umlauf gebrachten Spielen vorhanden sein (verkaufen oder auch verschenken). Mit Anbringen des Zeichens bestätigt man, dass das Produkt der Sicherheitsnorm entspricht, in diesen Fall DIN EN 71 (Spielzeugsicherheit). Die besagt für Brettspiele, dass:
    • das "nicht unter 3 Jahren" Zeichen drauf sein muss (Kinder verschlucken kleinere Teile)
    • dass verwendete Farben und Lacke ungiftig und frei von Schwermetallen sind, sich niemand verletzen kann (keine scharfen Kanten oder Spitzen, keine Säure) und so weiter. Im Prinzip ist das alles erfüllt, wenn Plastik- oder Holzteile integriert werden, die für Spiele gedacht sind. Eine entsprechende Bestätigung kann man bei den Produzenten erhalten. Das CE-Zeichen selbst, sowie das "nicht unter drei Jahren" Zeichen kann man im Internet runterladen.
  • Einschweissen: Dazu gibt es zwei Arten von Geräten. Einerseits die "professionellen", die aus einem Arbeitstisch mit einer Rollenhalterung und einem Plastikdeckel über einem Gitter bestehen. Man legt das Produkt den vorne offenen Folienschlauch ein, zieht das ganze über das Gitter und schließt den Deckel. An der Deckelkante befinden sich Schweissdrähte, die das ganze von der Rolle trennen und vorne verschließen. Gleichzeitig bläst heisse Luft ein, die die Folie zum Schrumpfen bringt. Nach ein paar Sekunden geht der Deckel wieder auf und das Ding liegt verschweisst da. Kosten für so ein Gerät ab ca. 2500,- Euro aufwärts. Die zweite Variante ist ein manuelles Gerät, dass nur aus einem Schweissarm und der Rollenhalterung besteht. Hier muss man also einmal schweissen um das Produkt von der Rolle zu trennen, d.h. quasi in eine Tüte zu packen. Dann dreht man das Produkt um 90 Grad und schweisst vorne die offene Stelle zu. Dann nimmt man den mitgelieferten Heissluftfön und bläst das Ding ein paar Sekunden von allen Seiten an und das Ergebnis ist das gleiche. Kosten für so ein Ding: Ein paar Hundert Euro (!). Sofern Du an einem Stück nicht mehr als 200 Spiele verpackst, ist das die sinnvollere Alternative.
  • Der grüne Punkt: Wenn Sie Spiele in Umlauf bringen, die eine Folienverpackung haben, müssen Sie entweder den Kunden und Händlern ein Rücknahmesystem anbieten (d.h. das Porto für die Rücksendung der Folie tragen) oder den Grünen Punkt anbringen. Dazu unterschreiben Sie beim Dualen System einen Vertrag und drucken dann die Punkte selbst auf Aufkleber, die auf die fertig verschweissten Packungen geklebt werden. Kosten Produkt: ca. 1 Cent, je nach Größe. Einmal jährlich wird eine Abrechnung erstellt, in der sie angeben, wieviele Verpackungen und wieviel Gewicht an Folie in Umlauf gebracht wurden.
  • EAN-Code: Nicht unbedingt notwendig, wird aber von vielen Händler vorausgesetzt. Kann man im Notfall auch nachträglich mit Aufklebern anbringen.


Eigenverlag - ein Beispiel

Ein interessanter Artikel zum Thema Eigenverlag findet sich bei Bewitched Spiele:

BeWitched-Spiele ist 1998 als Eigenverlag mit dem Spiel "Stimmvieh" gestartet und hat inzwischen zwölf Spiele veröffentlicht. Bewitched Spiele ist ein Partner unserer Grosshandelsgenossenschaft Spiel direkt. Ein früher Erfolg war "Hossa!", dessen dritte Auflage inzwischen fast ausverkauft ist. Nachfolgend schildert die Autorin und Verlegerin Andrea Meyer anhand des Spieles Hossa! das Wagnis - und die Chance! - einen Eigenverlag anzugehen.

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Der Eigenverlag - ein Erfahrungsbericht von Andrea Meyer